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„Titanic“ will gegen Verbot von Papst-Titelbild vorgehen

derstandard.at, 11. Juli 2012
Einstweilige Verfügung gegen Satiremagazin erwirkt – Titelbild zeigt Benedikt in weißer Soutane mit Fleck im Schritt – Journalisten-Verband: „Auch der Papst muss sich Satire gefallen lassen“
München – Papst Benedikt XVI. hat eine einstweilige Verfügung gegen das deutsche Satiremagazin „Titanic“ erwirkt. Das Blatt darf das katholische Kirchenoberhaupt nicht mehr – wie in der aktuellen Ausgabe – mit einem großen gelben Fleck vorne und einem braunen Fleck hinten auf der Soutane auf Titelbild und Rückseite zeigen, wie eine Sprecherin des Landgerichts Hamburg sagte. „Titanic“ dürfe unter Androhung eines Zwangsgeldes die Hefte nicht weiter verbreiten und die Bilder nicht im Internet veröffentlichen. Bei einem Verstoß droht dem Satiremagazin ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Allerdings müssten die bereits an den Handel verschickten Ausgaben nicht zurückgerufen werden.

„Titanic“ will gegen Verbot vorgehen
„Titanic“ will das Verbot seines Papst-Titelbilds nicht hinnehmen. Die Zeitschrift will Widerspruch gegen eine einstweiligen Verfügung des Hamburger Landgerichts einlegen. „Wir werden sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen und notfalls bis zum Jüngsten Gericht ziehen“, so Chefredakteur Leo Fischer. Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, beschied derlei Ansinnen kühl: „Ich sehe dem völlig gelassen entgegen.“
Er hoffe, der Widerspruch könne noch vor dem Wochenende eingebracht werden, so Redakteur Fischer. Die „Hand der Versöhnung“ bleibe aber weiter ausgestreckt, und man suche das „persönliche Gespräch“ mit Papst Benedikt XVI. „Wir stammen ja aus der gleichen Heimatgemeinde, der Papst und ich – aus Pentling bei Regensburg. […] Wir sind also quasi seelenverwandt. Wenn er hier vorbeikommt, haben wir ganz schnell eine gemeinsame Ebene – und gemeinsame Bekannte“, zeigte sich Fischer gegenüber der dpa zuversichtlich.

Journalisten-Verband: „Auch der Papst muss sich Satire gefallen lassen“
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Michael Konken, sagte, auch der Papst müsse sich Satire gefallen lassen. „Über Geschmack lässt sich streiten, aber die Darstellung fällt unter die Freiheit der Satire.“ Die Zeitschrift habe keine religiösen Gefühle von Katholiken verletzt, weil die Fotomontage ihn in seiner Rolle als Repräsentant der Vatikanbürokratie karikiert habe.
Konken ermunterte die „Titanic“-Chefredaktion, die einstweilige Verfügung, die am Dienstag erlassen worden war, nicht hinzunehmen: „Es wäre nicht die erste Entscheidung des Landgerichts Hamburg gegen ein Medium, die auf dem Weg durch die Instanzen keinen Bestand hätte.“

„Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“
„Titanic“ nimmt in der Ausgabe das Kirchenoberhaupt wegen der Vatileaks-Affäre aufs Korn, die sich um die Veröffentlichung teils brisanter interner Papiere des Vatikans dreht. Das Titelbild zeigt Benedikt mit einer im Bereich des Schritts gelblich eingefärbten Soutane, begleitet von der Schlagzeile „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“. Auf der Rückseite des Blatts ist der Papst von hinten zu sehen mit einem bräunlichen Fleck und der Aufschrift „Noch eine undichte Stelle gefunden!“.

Bischofskonferenz: Persönlichkeitsrechte verletzt
Die deutsche Bischofskonferenz erklärte dazu: „Titelbild und Rückseite der aktuellen ‚Titanic‘-Ausgabe sind rechtswidrig. Sie verletzen den Heiligen Vater in seinen Persönlichkeitsrechten. ‚Titanic‘ überschreitet jedes Maß an Zumutbarem.“

Fanta-Freund
„Benedikt muss uns missverstanden haben“, erklärte Chefredakteur Fischer auf titanic-magazin.de. Der Titel zeige einen Papst, der nach der Aufklärung der Spitzelaffäre („Vatileaks“) feiere und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet habe. Fischer: „Es ist allgemein bekannt, dass der Papst ein großer Freund des Erfrischungsgetränks ‚Fanta‘ ist.“
Das traditionsreiche Satiremagazin eckte in seiner Geschichte immer wieder mit satirischen und provokanten Titelbildern an. Politiker, Unternehmen und auch die katholische Kirche zogen mehrfach gegen das Blatt vor Gericht – mit unterschiedlichen Erfolg.