X

Initiative gegen Kirchen-Privilegien

Kirchen-Privilegien im Überblick

Spenden

Wie kann ich die Initiative unterstützen?

Aufklärung auf katholisch

Zwei Jahre nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Stift Kremsmünster – Zwischenbilanz eines Konvikt-Absolventen.

Zwei Jahre ist es nun her, seit ein ehemaliger Schüler des Stiftsgymnasiums Kremsmünster das Schweigen gebrochen hat. Zwei Jahre ist es nun auch her, seit Abt Ambros Ebhart nach anfänglichem Zögern eine umfassende Aufklärung der Missbrauchs- und Gewaltfälle im Stift Kremsmünster angekündigt hat.
Zwei Jahre lang ist man im Stift Kremsmünster also nicht müde geworden, die zahlreichen Opfer mit solch heuchlerischer „Öffentichkeitsarbeit“ weiter zu verhöhnen und sie damit einer erneuten Traumatisierung auszusetzen. Man hat die schwerwiegende Schuld stets nur kleinweise, so weit als gerade nötig zugegeben, und es damit vermieden, die Dinge wirklich beim Namen zu nennen. Denn gegen den Hauptbeschuldigten P. Alfons Mandorfer wurde nach den Aussagen dutzender Betroffener wegen des Verdachts auf folgende Delikte ermittelt: Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen, Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen, gefährliche Drohung, unerlaubter Waffenbesitz, schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen und Vergewaltigung.

Hatte man bisher noch eifrig versichert, von all diesen Verbrechen an oberster Stelle nichts bemerkt zu haben, erinnerte sich Abt Ambros plötzlich erst am vergangenen Montag nach Medienberichten über den Inhalt der Ermittlungsakten wieder daran, dass doch bereits 2008 gegen Mandorfer wegen sexueller Übergriffe ermittelt wurde. Aus diesen Gerichtsakten geht auch hervor, dass schon 2007 einschlägige Vorfälle im Zusammenhang mit P. Petrus stiftsintern abgehandelt wurden und Mandorfer Mitte der 90er aufgrund konkreter Vorwürfe als Konviktsdirektor abgezogen wurde. Freilich durfte er sich danach noch lange bis zu seiner Pensionierung als Musiklehrer und Leiter des Knabenchores engagieren.
Zwei lange Jahre durften wir nun also beobachten, wie katholische Aufklärung funktioniert. Es wurde gegen insgesamt elf Mönche und Gymnasiallehrer unter anderem wegen sexuellem Missbrauch und schwerer Körperverletzung ermittelt, das Stift hatte daraufhin sogar seine Absicht verlautbart, fünf Mönche von allen offiziellen Tätigkeiten zu suspendieren. Kurz darauf konnte man aber schon wieder erleichtert verkünden, dass die meisten Verfahren Gott sei Dank wegen Verjährung eingestellt wurden – mit der Konsequenz, dass die mutmaßlichen Täter wieder unbehelligt und rehabilitiert an ihre Arbeitsstellen zurückkehren durften , wie zum Beispiel P. Petrus ins Archiv des Klosters. Ein Schelm wer daran denkt, jemand könnte dort noch belastendes Beweismaterial finden.
Gegen Mandorfer wird es aufgrund der Schwere und Brutalität seiner Vergehen hoffentlich bald zu einer Anklage kommen. Für die restlichen zehn Pädagogen aber – auch unter ihnen mutmaßliche Sadisten und pädophile Vergewaltiger – gilt natürlich nun ewig die Unschuldsvermutung. Eine Unschuld, die sie vor allem der perfekt organisierten Vertuschungsmaschinerie im und um das Kloster zu verdanken haben, und die natürlich auch für alle heutigen Verantwortlichen im Stift gilt, die die gute alte Tradition der katholischen Aufklärung weiterhin aufrecht erhalten. Es stellt sich für die Betroffenen daher die dringende Frage warum man noch immer keine Ermittlungen gegen die Praktiken dieses Vertuschungsnetzwerks im Stift Kremsmünster eingeleitet hat, da die Beweise dafür ja offenkundig bereits längt bei der Staatsanwaltschaft in Steyr liegen. Damit bleibt mir zum Schluss nur mehr zu hoffen, dass mich mein ehemaliger Lateinlehrer P. Leonhard nicht für dieses vermutlich falsch abgewandelte Zitat prügeln wird: Ceterum censeo Cremifanensem esse claudendam!
Zum Artikel