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Kath. Professor: Mit NS-Keule gegen Anti-Privilegien-Volksbegehren

diepresse.com, 5.4.2013 von Rudolf K. Höfer

Kulturkampfversuch, der an die Zeiten des Terrors erinnert
Wenn gerade einige Politiker, darunter auch etliche Grüne, die Kündigung des Konkordats verlangen, ist das mehr als instinktlos.
Die von einer Gruppe in Österreich gestartete Diskussion um Kirchenprivilegien hat nach mehr als eineinhalb Jahren Ende 2012 die nötige Zahl an Unterschriften zustande gebracht, um eine Eintragungswoche für ein Volksbegehren festlegen zu können. Dass die Eintragungswoche in zeitlicher Nähe zum Gedenken des vor 75 Jahren erfolgten Einmarsches der deutschen Wehrmacht in Österreich zusammenfällt, bringt eine außergewöhnliche Optik mit sich.

Adolf Hitler hat bald nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich das bereits 1933 ausgehandelte, aber erst unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (1934 beim nationalsozialistischen Putschversuch ermordet) abgeschlossene Konkordat mit dem Heiligen Stuhl für ungültig und somit einen konkordatsfreien Raum in Österreich erklärt.

In der Folge war die Verfolgung der Christen in Österreich während der NS-Zeit ungleich massiver als in Deutschland, wo das Reichskonkordat weiter in Geltung geblieben war. Das Christentum sollte völlig aus der Öffentlichkeit verdrängt werden: „Religion ist Privatsache“ war eine der Devisen, nur mehr die NS-Formationen wie HJ, BdM u. a. sollten die Öffentlichkeit beherrschen.

Mangelnde Geschichtskenntnis
Hunderte Klöster, Schulen wurden aufgehoben, die Vermögen unzähliger christlicher Vereinigungen geraubt, ihre Substanz dem NS-Reichsministerium für Finanzen einverleibt, auch begleitet von zahllosen Arisierungen. Ein Gewalt- und Terrorregime mit unzähligen Hinrichtungen agierte bis Kriegsende 1945 in Österreich.
Wenn nun einige Grünpolitiker die Kündigung des Konkordats verlangen, ist das mehr als instinktlos. Dass sich Politiker und andere Personen NS-Gedankengänge zu eigen machen und auf einen Zug aufspringen wollen, partiell auch einige aus der FPÖ, zeugt entweder von mangelnder Geschichtskenntnis oder aber von später Rezeption von bzw. Festhalten an NS-Gedankengut.

Auf der Linie der NS-Ideologie
Niemand wird behaupten, dass Grünpolitiker generell NS-Nachläufer sind. Aber dass einige im Gedenkjahr der Annexion Österreichs mit anderen Personen eine Konkordatskündigung verlangen und sich dabei Behauptungen von Kirchenprivilegien anschließen, sollte die Österreicher hellhörig werden lassen und ihnen die Augen öffnen. Jene Personen, die dies fordern, bewegen sich auf der Linie von überwunden geglaubter NS-Ideologie.
In Frankreich, dem Vorbild für Trennung von Kirche und Staat, unterstützt der Staat religiös neutral auch katholische Privatschulen finanziell. Dort sind alle vor 1905 errichteten Kirchengebäude unter nationaler, Department- oder kommunaler Verwaltung und Finanzierung gestellt. Diese religiöse Neutralität haben Nationalsozialismus und Kommunismus immer so interpretiert, dass Religion aus der Öffentlichkeit zu verdrängen ist.

In Österreich sind 14 Kirchen- und Religionsgesellschaften, darunter auch Muslime und Buddhisten, staatlich anerkannt und haben den Status des öffentlichen Rechts, der vom Reichsgrundgesetz von 1867/68 abgeleitet wird. Ihnen gelten die gleichen Rechte.

Jenen Personen, die von Kirchenprivilegien (einschließlich der Feiertage) sprechen, würde ein Bundeskanzler Bruno Kreisky, der 1960 als Außenminister zusammen mit dem damaligen Unterrichtsminister Heinrich Drimmel den Zusatzvertrag zum Konkordat von 1933 unterzeichnet hat, die Aufforderung mitgeben: „Lernen Sie Geschichte!“ Ähnliches mag auch für jetzt hervorgetretene Personen gelten.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Rudolf K. Höfer, Institut für Kirchengeschichte und kirchliche Zeitgeschichte, Graz.
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