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Anti-Kirchen-Volksbegehren: Gott und die Welt

profil, 7.4.2013, von Herbert Lackner

Erstmals machen Atheisten und Konfessionslose in einem Volksbegehren ­gegen die großzügige ­Förderung der Kirchen durch den Staat mobil. Die Liste der Unterstützer ist prominent.

Allzu groß war der Zulauf vorerst nicht, aber es reichte: 8567 Unterstützungserklärungen deponierten die Betreiber des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien vor der Jahreswende im Innenministerium; 8032 waren für die Einleitung einer solchen Initiative erforderlich. Ab 15. April liegt das erste Volksbegehren, das sich gegen die weit reichenden Rechte und die großzügige Förderung der Kirchen richtet, in den österreichischen Gemeindeämtern (in Wien in den Bezirksämtern) zur Unterschrift auf.
Seine Träger kommen aus allen Richtungen: Da ist etwa die „Initiative Religion ist Privatsache“ des aus der TV-Show „Science Busters“ bekannten Physikprofessors Heinz Oberhummer. Ganz vorn mit dabei ist der Werbefachmann Niko Alm, Vorsitzender eines „Zentralrats der Konfessionslosen“ und des österreichischen Zweigs der deutschen Giordano-Bruno-Stiftung, benannt nach dem im Jahr 1600 in Rom als „Ketzer“ auf dem Scheiterhaufen verbrannten Mönch und Philosophen. Die „Atheistische Religionsgemeinschaft“ – ebenfalls mit von der Partie – ist eine ironisch gemeinte Travestie: Ihre Vorsitzenden Alexander Rezner und Wilfried Apfalter wollen eine Anerkennung als religiöse Gemeinschaft. 125 der dafür notwendigen 300 Mitglieder haben sie bereits zusammengetrommelt. Und natürlich ist auch die traditionsreichste Kirchengegner-Vereinigung Österreichs unter den Initiatoren des Volksbegehrens, der Freidenkerbund. Diese schon Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Atheisten-Gruppierung war in der Zwischenkriegszeit eine sozialdemokratische Vorfeldorganisation mit rund 65.000 Mitgliedern und wurde im Juni 1933 noch vor der Partei von der Dollfuß-Regierung verboten.

Der „neue Atheismus“
Dass die Kirchengegner jetzt so aktiv werden, hat mit der rasant sich ausbreitenden Säkularisierung zu tun: Betrug im Jahr 1950 das Verhältnis zwischen Katholiken und Konfessionslosen 25 zu eins, kommt heute bereits auf je vier Katholiken eine Person ohne religiöses Bekenntnis – wobei Kirchenmitgliedschaft allein wenig aussagt: Laut einer internationalen Gallup-Studie aus dem Vorjahr bezeichnen sich nur noch 42 Prozent der Österreicher als religiös, eine knappe Mehrheit von 43 Prozent sieht sich als „nicht religiös“. Zehn Prozent der Österreicher nennen sich in derselben Umfrage „überzeugte Atheisten“.
Der „neue Atheismus“, wie er seit 2006 genannt wird, hat seinen Ursprung in den USA, wo rabiate Christen-Fundis entsprechende Gegenreaktionen provozierten. Zum Vordenker der neuen Atheisten wurde der in Oxford lehrende Biologe Richard Dawkins, der mit seinem Buch „Der Gotteswahn“ eine Art „Bibel“ der erstarkenden Bewegung vorlegte. Dabei schließt Dawkins die Existenz Gottes gar nicht kategorisch aus – er hält sie nur für äußerst unwahrscheinlich.

Wenn schon nicht Gott selbst, so hat doch sein irdisches Personal stark an Ansehen und Autorität verloren: In Zeiten, in denen schon Pfarrerinitiativen mit ihrem Grant nicht hinterm Berg halten, sind unreligiöse Kirchenkritiker erst recht nicht öffentlichkeitsscheu. Das ab Montag kommender Woche zur Unterzeichnung aufliegende Volksbegehren hat jedenfalls ein namhaftes Personenkomitee zusammengetrommelt. Darin findet sich etwa Cornelius Obonya, der neue Salzburger „Jedermann“ in Hofmannsthals katholischem Lehrstück, ebenso wie die Molekularbiologin Renée Schroeder und der Schriftsteller Thomas Glavinic. Vom Fernsehen kommen Dirk Stermann und Serienstar Gregor Seberg, vom Kabarett Eva Billisich, Günther Paal, Joesi Prokopetz und Leo Lukas.

Es geht nicht nur gegen die katholische Kirche und deren großzügige Förderung durch den Staat: Die automatische Vertretung der evangelischen Kirche in den Entscheidungsgremien des ORF wird ebenso abgelehnt wie die bei Muslimen und Juden übliche Beschneidung im Babyalter. Volksbegehrenssprecher Jakob Purkartshofer: „Da ist es dem Staat offenbar nicht so wichtig, die Kinderrechte zu schützen. Wir glauben, dass es bei Beschneidungen eine Altersgrenze wie bei Schönheitsoperationen geben sollte. Die sind auch erst ab 16 Jahren erlaubt.“

Wie hoch die materielle Förderung der 15 in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften ist, hat im Vorjahr das Buch „Gottes Werk und unser Beitrag – Kirchenfinanzierung in Österreich“ (Czernin-Verlag) ­errechnet, an dem mehrere der Volksbegehrensaktivisten mitarbeiteten. Demnach belaufen sich die staatlichen Leistungen für die Glaubensgemeinschaften derzeit auf 1,35 Milliarden Euro jährlich – der Löwenanteil davon entfällt auf die katholische Kirche. Konfessionsschulen und Erwachsenenbildung, steuerlich absetzbare Kirchenbeiträge, Subventionen für kirchliche Museen und Bibliotheken, kostenlose Sendezeit im ORF, Agrarzuschüsse für landwirtschaftliche Betriebe und Beiträge für kirchliche Mission und Entwicklungshilfe: Das geht ins Geld.

Zum Artikel: www.profil.at