X

Initiative gegen Kirchen-Privilegien

Antworten ÖVP

ÖVP

Sie haben sich an zahlreiche ÖVP-Mandatare und an das ÖVP-Regierungsteam gewandt und um Beantwortung Ihrer Fragen gebeten. Im Auftrag von ÖVP-Obmann Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger darf ich für die Volkspartei und unser ÖVP-Team gerne gesammelt antworten:

Die ÖVP hat eine klare Haltung. Die staatliche Sicherstellung der Selbstdarstellung der anerkannten Religionen gewährleistet die umfassende Religionsfreiheit in Österreich. Wir bekennen uns uneingeschränkt zum Konkordat. Ebenso wie wir uns klar zum Mariazeller Manifest bekennen – Staat und Kirche sind korrekt zu trennen.

Missbrauch und sexuelle Gewalt ist überall schonungslos aufzuklären und striktest zu ahnden. Die im April 2010 eingerichtete Unabhängige Opferschutzanwaltschaft ist eine zivilgesellschaftliche Einrichtung, die frei und autonom agiert. Sie steht allen Opfern von Missbrauch und Gewalt in Kirche und Gesellschaft in Österreich zur Verfügung und hilft rasch und wirksam: http://www.opfer-schutz.at/

Der ORF hat einen öffentlich-rechtlichen Auftrag und dazu gehört auch die Pflicht, die Gesellschaft abzubilden und Fragen bzw. Themen zu diskutieren, die die Menschen im Land interessieren. Religion ist und bleibt ein Menschheitsthema und somit auch ein Medienthema. Der Glaube gehört unmittelbar und zutiefst zu den bewegenden Themen in unserer Gesellschaft und daher ist es richtig, sinnvoll und keinesfalls zu kürzen, wenn der ORF über Religion berichtet.

Karlheinz Kopf

Die von Ihnen angesprochenen Fragen zum „Volksbegehren gegen Kirchen“ werden wir beraten, wenn das Volksbegehren dem Nationalrat vorliegt.

Zu Ihrer dritten Frage betreffend sexuelle, physische oder psychische Gewalt durch Kirchenangehörige sehe ich die Arbeit der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft unter der Leitung von LH a.D. Waltraud Klasnic positiv und wichtig. Schon die Zusammensetzung der Kommission mit angesehenen Persönlichkeiten bietet Gewähr für die Unabhängigkeit von kirchlichen Stellen. Die staatliche Untersuchung und Aufarbeitung ist Angelegenheit der Justiz.

Mag. Wolfgang Gerstl

Ich werde die Initiative nicht unterstützen. Ich glaube, wir sind sehr unterschiedlicher Auffassung.

Silvia Fuhrmann

Eingangs darf ich Ihnen für Ihr Schreiben danken und Ihnen versichern, dass wir jegliche Anliegen – ob Volksbegehren, Bürgerinitiativen oder Petitionen – sehr ernst nehmen. Die von Ihnen angesprochenen Fragen werden, sobald das Volksbegehren dem Nationalrat vorliegt, intensiv diskutiert und beraten werden.

Zu Ihrer dritten Frage betreffend sexuelle, physische oder psychische Gewalt durch Kirchenangehörige darf ich folgendes sagen: ich betrachte die Arbeit der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft unter der Leitung von LH a.D. Waltraut Klasnic positiv und wichtig. Schon die Zusammensetzung der Kommission mit angesehenen Persönlichkeiten bietet Gewähr für die Unabhängigkeit von kirchlichen Stellen. Die staatliche Untersuchung und Aufarbeitung ist Angelegenheit der Justiz.

Thema: Beschneidung (Circumcisio)

Ausgangspunkt

Das Landgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 7. Mai 2012 die Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet. Dies hat zu einer breiten öffentlichen Diskussion zur Zulässigkeit von Beschneidungen in Deutschland und nachfolgend in Österreich geführt.

Faktenlage
§ 90 Abs. 3 StGB dürfte auf die minimal invasive Beschneidung bei Buben aus rituellen oder anderen Gründen nicht anwendbar sein. Diese Bestimmung wurde vielmehr ausdrücklich zur Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung geschaffen.

rechtliche Bewertung

  • für rituelle minimal invasive Beschneidungen mit minimalem Risiko für Gesundheitsschäden besteht kein Arzt-Vorbehalt;
  • für Beschneidungen aus anderen (medizinischen, präventiven, ästhetischen) Gründen besteht ein Arztvorbehalt;
  • im Zusammenhang mit minimal invasiven rituellen Beschneidungen steht das Grundrecht auf Religionsfreiheit im Stufenbau der Rechtsordnung über anders lautenden einfachgesetzlichen Regelungen;
  • auch später geschaffene Grundrechte (etwa das Recht, ohne gültige Zustimmung oder sittenwidrig nicht verletzt zu werden) wurden damals und bis heute nicht so verstanden, dass damit minimal invasive rituelle Beschneidungen verboten wären.

Die Religionsfreiheit umfasst nicht nur das Recht der Eltern sondern in diesem Zusammenhang auch und vor allem das Recht des Kindes auf religiöse oder nicht-religiöse
Sozialisation durch die eigenen Eltern.

Deutscher Bundestag
Der deutsche Bundestag hat in einer Sitzung am 19.07.2012 eine Resolution beschlossen, in der die deutsche Bundesregierung aufgefordert wird, unter Berücksichtigung der
grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kinderwohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde vom deutschen Justizministerium inzwischen vorgelegt.

Haltung ÖVP:

  • Die Beschneidung von Jungen hat für Juden und Muslime eine zentrale religiöse Bedeutung. Sie zählt zu den konstitutiven Elementen im jüdischen und muslimischen
    Glauben.
  • Rituelle minimal invasive Beschneidungen von Buben wie sie bspw. im jüdischen oder islamischen Glauben vorkommen, sind in Österreich aufgrund der verfassungsmäßig garantierten Religionsfreiheit erlaubt.
  • Derartige Eingriffe sind laut Justizexperten strafrechtlich unproblematisch und sollen es bleiben.