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Initiative gegen Kirchen-Privilegien

Antworten FPÖ

1. Das Konkordat entstand zu Zeiten des Austrofaschismus und billigte dem Vatikanstaat umfangreiche Sonderrechte und Subventionen zu. Während die meisten gesetzlichen Regelungen aus dieser Zeit heute abgeschafft wurden, ist dieser Anachronismus noch immer aufrecht. Sind Sie für Kündigung des Konkordats im Interesse der österreichischen SteuerzahlerInnen?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Konkordat als eine spezielle Form des völkerrechtlichen Vertrags – nämlich eine Vereinbarung eines Staates mit dem Vatikan – nichts „Ungewöhnliches“ ist. Es gibt eine Vielzahl derartiger Vereinbarungen, welche von vielen Staaten mit dem Vatikan entsprechend den völkerrechtlichen Bestimmungen abgeschlossen werden.

Allein die Tatsache, dass „das Konkordat“ aus dem Jahr 1933 stammt, kann nicht als Grund für eine Kündigung ins Treffen geführt werden. So sichert etwa das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger als Gesetz im Verfassungsrang nach wie vor wesentliche Grundrechte der österreichischen Bevölkerung.

Allein auf den Inhalt von Gesetzen bzw. Vereinbarungen muss es vielmehr ankommen.
Ich bin der Ansicht, dass eine generelle Kündigung des Konkordats von 1933 nicht zielführend sein wird. Man hat dieses Konkordat im Laufe der Zeit vielfach adaptiert und mit Zusatzprotokollen versehen. Zweckmäßig wird es sein, sich das gesamte Vertragswerk Punkt für Punkt durchzusehen und schließlich jeweils im Einzelnen zu entscheiden, ob die entsprechende Bestimmung noch eine Daseinsberechtigung hat.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Konkordat nicht einseitig kündbar ist und somit auch die Zustimmung des Vatikans erfolgen müsste.

2. Jährlich profitieren die anerkannten Religionsgemeinschaften von Subventionen und Begünstigungen in der Höhe von 3,8 Mrd. EUR auf Kosten der österreichischen SteuerzahlerInnen. Sind Sie in dieser fiskalisch schwierigen Zeit für eine Einschränkung von Subventionen bzw. Steuerbefreiungen für Religionsgemeinschaften? Wenn ja: An welche denken Sie dabei?

Eine Einschränkung von Befreiungen bzw. die Senkung von Direktzahlungen ist durchaus denkbar und muss ebenfalls im Detail diskutiert werden.

So ist etwa unbestritten, dass die katholische Kirche über ein außerordentlich großes Grundeigentum verfügt. Es muss daher erlaubt sein, die grundsteuerlichen Ausnahme-regelungen in Frage zu stellen. Insbesondere der Tatbestand des § 2c des Grund-steuergesetzes erscheint diskussionswürdig, da er begrifflich sehr weit geht.

Darüber hinaus darf die mittlerweile von allen Institutionen geforderte Transparenz auch vor der Kirche nicht halt machen. So ist jedenfalls offenzulegen, welche finanziellen Mittel für soziale Zwecke bzw. für Zwecke der Seelsorge aufgewendet werden.

3. Aufgrund der vielen Meldungen und Gespräche unserer unabhängigen Hotline für Betroffene kirchlicher Gewalt schätzen wir, dass tausende Personen Opfer von sexueller, physischer und psychischer Gewalt durch Kirchenangehörige wurden. Die meisten Betroffenen und deren Umfeld leiden lebenslang an den Folgen. Die sogenannte Klasnic-Kommission, die zur Aufklärung und Entschädigung eingesetzt wurde, ist keinesfalls unabhängig. Das hat jetzt ein Bescheid der Datenschutzkommission gezeigt, wonach diese Kommission organisatorischer Teil der Erzdiözese Wien ist (www.betroffen.at/archives/963). Sind Sie für eine staatliche und unabhängige Aufklärung der kirchlichen Missbrauchs- und Vertuschungsverbrechen?

Selbstverständlich müssen sämtliche Vergehen bzw. Verbrechen aller Art nach den entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen verfolgt und geahndet werden. Dies hat allerdings durch die Sicherheits- und Strafbehörden zu erfolgen. Diese haben die „staatliche und unabhängige Aufklärung“ sicher zu stellen.

Dabei mag es unbefriedigend sein, wenn strafrechtlich relevante Tatbestände aufgrund der gesetzlichen Verjährungsfrist nicht mehr verfolgt werden können, weil sie teilweise weit in der Vergangenheit liegen. Es ist daher durchaus legitim, die Verjährungsfristen, insbesondere bei Delikten gegen Leib und Leben, in Frage zu stellen.

Die FPÖ steht jedenfalls ganz klar zu einem der obersten Grundsätze des Rechtsstaates, wonach jegliches staatliche Handeln eine gesetzliche Grundlage braucht. „Staatliche Aufklärung“ – mit welchem Ziel? – außerhalb von Sicherheits- und Strafbehörden wird vor diesem Hintergrund kritisch beurteilt.

4. Derzeit werden im ORF rund 21 Religions-Formate mit einer gesamten Sendezeit von mehr als 1000 Stunden kostenlos ausgestrahlt. Außerdem sind Vertreter von Religionsgemeinschaften im ORF Stiftungs- und Publikumsrat. Sind Sie für eine Reduzierung des Religionsberichterstattung im ORF und eine Reduzierung des Einflusses der Religions-Gemeinschaften auf den ORF? Und wenn ja: in welchem Ausmaß?

Das ORF-Gesetz – welches bei Vorliegen einer entsprechenden Mehrheit im Parlament natürlich jederzeit geändert werden kann – sieht in § 4 Abs.1 Z.12 die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsge-meinschaften vor.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in § 4 Abs. 1 noch 18 weitere Tatbestände vom öffentlich rechtlichen Kernauftrag hinsichtlich der Berichterstattung umfasst sind, erscheint der Umfang der Sendezeit für Religionsformate überschau- und vertretbar, zumal diese Sendungen häufig zu Randsendezeiten ausgestrahlt werden.

Der ORF-Publikumsrat besteht aus insgesamt 36 Personen. Darunter sind zwei Kirchenvertreter (je einer für die katholische und evangelische Kirche). Auch die Vertretung der Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaften im Stiftungsrat ist überschaubar, sodass hier kein unmittelbarer Handlungsbedarf gesehen wird.

5. Bei der rituellen Beschneidung wird Buben die hocherogene Vorhaut amputiert, was vielfach negative Auswirkungen auf das spätere Lustempfinden (auch das der PartnerInnen) haben kann. Dies stellt mitunter ein schweres Kindheitstrauma dar. Eine aktuelle Umfrage zeigte, dass 55 Prozent der ÖsterreicherInnen die Beschneidung ablehnt und Beschneidung bestraft wissen will. Zwei Drittel der ÖsterreicherInnen verlangen ein Schutzalter von 16 Jahren. Sind Sie auch für die Einführung eines Schutzalters, vergleichbar dem Schönheits-OP-Gesetz?

Die Beschneidung, welche in der Tat einen Eingriff in die körperliche Integrität von Menschen bedeutet, stellt in Österreich grundsätzlich keinen Straftatbestand dar, da offenbar das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf Freiheit der Religionsausübung gesehen wird.
Vor diesem Hintergrund erscheint ein gesetzliches Verbot der Beschneidung – wie es von manchen seit längerem gefordert wird – schwer umsetzbar. Die zuständige Justizministerin Karl hat im letzten Jahr jedenfalls geäußert, keine Initiativen setzten zu wollen. Letztlich wäre der Verfassungsgerichtshof dafür zuständig, die Verfassungskonformität einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zu überprüfen.